Für eine gelingende Psychotherapie braucht es zunächst eine gute Bindung bzw. ein Vertrauensverhältnis zwischen dem Therapeuten und dem Klienten. Diese Bindung ist meist nicht von Anfang an in voller Ausprägung vorhanden, sondern befindet sich in einem Prozess. Je öfter der Klient zu Sitzungen erscheint und sich dort wohl und verstanden fühlt, desto stärker wächst oft das Vertrauen zum Therapeuten. Psychotherapie ist demnach zu einem bedeutenden Teil Bindungs- und Beziehungsarbeit zwischen dem Therapeuten und dem Klienten.
Je sicherer sich der Klient fühlt und je mehr er seinem Gegenüber vertrauen kann, desto mehr kann er sich in der Regel öffnen. Ein guter Psychotherapeut ist in der Lage seinem Patienten aufmerksam und wertfrei zuzuhören – und zwar nicht nur auf verbaler, sondern auch auf non-verbaler Ebene. Er frägt sich: ,,Was erzählt mein Klient inhaltlich und was drückt er (oftmals unbewusst) durch seine Mimik, Gestik, Stimmlage, Körperbewegungen, etc. aus?“. Aktives zuhören setzt voraus, dass der Therapeut präsent ist und nicht durch eigene Gedanken abgelenkt ist. Diese Präsenz bezieht sich aber nicht nur auf die Eindrücke, die sein Gegenüber ihm vermittelt, sondern auch auf eigene innere Reaktionen dazu. Er ist in der Lage seine eigenen Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen zu beobachten und sich nicht darin zu verlieren bzw. sie nicht mit der Innenwelt des Klienten zu vermischen. Er kann sie an passender Stelle jedoch durchaus ansprechen, um z.B. dem Klienten in dessen eigene Gefühlswelt zu verhelfen. Ein weiterer wichtiger Bestandteil einer Psychotherapie ist demnach Präsenz und das aktive Zuhören des Therapeuten.
Wenn der Therapeut einen Eindruck von der Innenwelt des Klienten bekommen hat, kann dieser dann mit seiner gelernten Methodik intervenieren – also Einfluss nehmen. Der integrative Psychotherapeut z.B. verbindet verschiedene psychotherapeutische Verfahren miteinander. Je nach der vorhandenen Symptomatik, dem jeweiligen Therapieziel, der eventuell vorhandenen bisherigen psychotherapeutischen Erfahrung sowie der Persönlichkeit des Klienten wählt der Therapeut eine oder mehrere entsprechende Methoden aus. Kommen beide mit einer bestimmten Methodik nicht weiter, kann der Therapeut durch sein breites Verfahrensspektrum, zu einem anderen Ansatz wechseln. Psychotherapie bedeutet demnach auch, sich an den Klienten mit der Art und Weise der Behandlung anzupassen.
Hin und wieder tauchen während einer Psychotherapie Widerstände beim Klienten auf. Diese können eine Konsequenz von Schutzmechanismen des Organismus sein, wenn sich der Klient z.B. traumatischen Seeleninhalten nähert. Andererseits könnte es aber auch an einem mangelnden Vertrauensverhältnis zwischen beiden Parteien liegen. Oftmals empfiehlt es sich, den Widerstand direkt anzusprechen, um der Ursache auf die Spur zu kommen. Möglicherweise überträgt der Klient auch kindliche Beziehungsmuster auf den Therapeuten, was der Begründer der Psychoanalyse Sigmund Freud damals als ,,Übertragung“ bezeichnet hat. Richtig als Übertragungsprozesse erkannt, können diese sehr hilfreich für die Therapie sein, da sie wertvolle Hinweise auf verdrängte Beziehungsmuster liefern, die sich meistens auch im Alltag bemerkbar machen. Werden Sie hingegen nicht erkannt, könnte dies die Beziehung zum Therapeuten gefährden. Auch beim Therapeuten könnten sich Übertragungsprozesse ereignen. Diese hat Freud als ,,Gegenübertragung“ bezeichnet. Der Therapeut sollte sie bemerken, damit sie nicht die Beziehung zum Patienten sowie die Behandlung gefährden. Bei einer gelungenen Psychotherapie werden demnach Widerstände aufgedeckt, nach den Ursachen analysiert und aufgelöst.
Nun habe ich ein paar grundsätzliche Elemente einer Psychotherapie aus meiner persönlichen Sicht geschildert. Dies mag hier im Text einigermaßen strukturiert und statisch wirken. In der Realität befinden sich jedoch der Klient und der Therapeut in einem stetigen Prozess, der mal mehr, mal weniger dynamisch verläuft. Zu Zeiten kann es sich wie die Besteigung eines neuen Berges anfühlen und zu anderen Zeiten wie das Festsitzen im Tal. Generell bewirkt jedoch jede Sitzung Veränderungsprozesse, selbst wenn diese nur klein sind oder auf den ersten Blick klein erscheinen.
Hier findest Du alle Blogartikel: Blog
Folge mir auf Instagram, Facebook oder LinkedIn, um neue Beiträge gleich zu entdecken: