Für manche Menschen hat Gruppentherapie den Ruf einer Therapie zweiter Klasse – meines Erachtens zu unrecht.

Im Folgenden nenne ich sieben Vorteile der Gruppentherapie:

1. Das Gemeinschaftsgefühl

In unserer heutigen Welt ist es leider nicht mehr selbstverständlich, sich Teil einer Gruppe zu fühlen. Bis vor ca. zwei Generationen war es normal in einer Gemeinschaft zu leben – ob in einer Großfamilie oder noch früher in einem ethnischen Stamm. Heutzutage fühlen sich viele Menschen einsam und die Gruppen, in denen wir uns befinden, sind oftmals nur oberflächlicher Natur (Arbeitskollegen, Kommilitonen, oder sogar der Freundes- bzw. Familienkreis). Somit ist eine Gruppe, in der Menschen sich so zeigen können, wie sie wirklich sind und in denen die Mitglieder einander aufmerksam zuhören und wertschätzen leider eine Seltenheit. In der Gruppentherapie kann dieses ursprüngliche Bedürfnis nach einer solchen Gruppenzugehörigkeit genährt werden.

2. Jeder gibt jedem etwas

Sobald Menschen sich in einen Kreis setzen und sich infolgedessen zeigen und einbringen – ob mit ihrem schlichten ,,Da-sein“, oder mit dem, was sie von sich teilen – passiert etwas wertvolles: Jeder hat sofort eine Wirkung auf jeden anderen. So kommt es aus meiner Erfahrung häufig vor, dass Gruppenteilnehmer sich inspiriert fühlen durch das, was andere von sich teilen – ob verbal oder nonverbal. Perspektiven von anderen zu erfahren, kann sehr hilfreich sein. Es kann zu neuen Ideen, Handlungsimpulsen oder Einstellungsänderungen kommen. Ein Vorteil gegenüber der Einzeltherapie ist demnach die Tatsache, dass Klienten in einem Gruppensetting nicht nur ein Gegenüber haben, durch den Veränderungsprozesse eintreten können, sondern mehrere.

3. Das Gefühl, nicht alleine zu sein

Nach meinen jahrelangen persönlichen Erfahrungen in verschiedenen Gruppensettings, weiß ich, wie gut es mir tut, zu erfahren, dass ich nicht der Einzige mit meinen Themen bin. Ganz im Gegenteil, ich erfahre wieder und wieder, dass wir alle ähnliche Themen mit uns herumschleppen. Ich könnte fast behaupten, dass wir in der Tiefe alle die selben Gefühle, Ängste und Bedürfnisse teilen. Sie zeigen sich bei jedem Menschen jedoch ganz individuell. Ich nehme dies dann immer sehr erleichternd und verbindend wahr. Doch da geht es nicht nur mir so. Auch andere Gruppenteilnehmer berichten häufig, wie sehr sie sich in den Erzählungen der anderen Teilnehmer wiederfinden. Vielleicht sind wir doch nicht so verschieden, wie wir meinen…

4. Erforschung und Linderung von sozialen Problemen

Viele Menschen leiden unter Problemen in Beziehungen zu anderen – ob in Form von Konflikten oder in Form von zu viel bzw. zu wenig Kontakt. In der Gruppentherapie können diese Verhaltens- und Erlebensmuster zum Vorschein kommen, genauer erforscht und bearbeitet werden. So können z.B. Konfliktsituationen auftreten, die genauso im Alltag immer wieder auftauchen. Besonders auch soziale Ängste/ Phobien und Schüchternheit können in diesem Gruppensetting gut erforscht und bearbeitet werden. Zudem können Menschen, die schlechte Erfahrungen in Gruppen gemacht haben (wie z.B. Mobbing), in diesem Setting positive Referenzerfahrungen nachnähren und im Körper und Geist abspeichern. Auch für Menschen, die unter Einsamkeit leiden, ist Gruppentherapie gut geeignet, da sie sich hier als Teil einer Gruppe fühlen und neue Kontakte knüpfen können. In der Gruppentherapie können aber natürlich auch viele andere Belastungen untersucht und gelindert werden (z.B. Ängste, Stress, Depression, Lebenskrisen, etc.).

Therapie.de: ,,Wirksamkeit von Gruppentherapien“; Sprektrum der Wissenschaft: ,,Gemeinsam gegen Sozialphobie„; Ärzteblatt: ,,Gruppentherapie: Benachteiligte Behandlungsoption“; Deutschlandfunk Nova: ,,Warum Gruppentherapie keine Notlösung ist

5. Gruppentherapie ist nachgewiesen wirksam

Prof. Dr. Volker Tschuschke von der Uni Köln meint, dass es leider noch zu wenige gruppentherapeutische Angebote im ambulanten Bereich gebe, was sich dringend ändern müsse. Zahlreiche Studien belegen die Effektivität von Gruppenpsychotherapie bei vielen Krankheitsformen. So hat z.B. eine Studie der Universität Jena ergeben, dass Gruppentherapie bei vielen Erkrankungen genauso wirksam ist wie Einzeltherapie. Bernhard Strauss von der Uni Jena, meint, es gäbe kaum jemanden, der nicht von einer Gruppe profitieren könne. Hinzu kommt, dass das Gruppensetting in bestimmten Aspekten sogar stärkere Wirkungen erzielen kann als das Einzelsetting, da in der Gruppe andere Wirkfaktoren eine Rolle spielen.

Ärzteblatt: ,,Gruppentherapie zu selten angewandt“; Ärzteblatt: ,,Gruppenpsychotherapie: Benachteiligte Behandlungsoption“; Stiftung Warentest: ,,Gruppentherapie: Gemeinsam stark; Studie Uniklinik Jena: ,,Wie wirksam ist Gruppenpsychotherapie?“; Welt.de: ,,Gruppentherapie – was die Methode so wirksam macht“

6. Schnellerer Therapieplatz

Viele Studien bestätigen die hohen Wartezeiten auf psychotherapeutische Behandlung. So ermittelte z.B. eine Studie der Bundespsychotherapeutenkammer von 2019 eine durchschnittliche Wartezeit von fast fünf Monaten auf einen Psychotherapieplatz in Deutschland. Viele Menschen suchen jedoch akut Hilfe und können oder wollen nicht so lange warten. Die Wahrscheinlichkeit schnell einen Therapieplatz zu bekommen, ist bei Gruppentherapie höher als bei Einzeltherapie, da in diesem Setting mehr Patienten gleichzeitig behandelt werden können.

Studien Deutscher Bundestag; Stiftung Warentest: ,,Gruppentherapie: Gemeinsam stark“

7. Geringere Kosten und höheres Therapievolumen

Aufgrund der hohen Wartezeiten auf einen Kassentherapieplatz, stellt die Therapie bei einem Heilpraktiker für Psychotherapie oder einem privaten Psychotherapeuten eine mögliche Alternative bzw. Übergangslösung dar. Leider müssen dann die meisten Patienten die Therapiekosten jedoch selbst bezahlen. Nicht jeder kann oder möchte sich diese Summen leisten. Die Kosten für eine Gruppentherapie-Sitzung sind für gewöhnlich geringer als für eine Einzeltherapiesitzung. Gleichzeitig ist das Therapievolumen größer, da eine Gruppeneinheit normalerweise länger dauert als eine Einzelsession. Außerdem könnte die Therapie in der Gruppe aufgrund der geringeren Kosten über einen längeren Zeitraum in Anspruch genommen werden und somit zu einer wertvollen tragenden Stütze im Alltag werden.

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,,´Was ist wichtiger´, fragte großer Panda, ´der Weg oder das Ziel?´. ´Die Gefährten´, sagte kleiner Drache“

(James Norbury)